Binnenhäfen sind reizvolle Modellbahnthemen. Ich habe einen Vorbildplan gefunden, der – ein wenig abgespeckt und verkürzt – sich gut für eine Anlagenplanung nutzen ließe:
Der Plan zeigt den Hafen Hildesheim im Zustand von 1952. Das von rechts in den Plan ragende Hafen- und Wendebecken ist das Ende eines Stichkanals, der vom Mittellandkanal abzweigt. Der Hafenbahnhof für sich genommen hat eine Länge von ca. 500 Metern, die Gesamtlänge Hafenbahnhof bis Wendebecken beträgt rund 1,3 km. Da muss man – je nach Spur – natürlich schon Abstriche machen.
Die gestreckte Anordnung der Gesamtanlage legt ein Modulkonzept nahe; eventuell ließe sich zwischen Hafenbecken und Hafenbahnhof auch eine Kurve einplanen, so dass man zu einer Übereck-Anordnung der Module kommt.
Wer wagt es, dazu mal einen Plan zu zeichnen?
Edith hat den Titel geändert: das, was sich hier entwickelt hat, ist nicht mehr spezifisch Binnenhafen, sondern eher das allgemeine Thema Hafenbahnhof ... und inzwischen auch spurübergreifend ...
Gruß --- Jürgen . . . Mein aktuelles Projekt: Innerstetalbahn, Ep. 2, Spur N
Ich habe mal einen ersten Vorschlag für H0 mit Märklin K-Gleis gezeichnet. Allerdings sehr frei interpetiert, um zu Dimensionen zu kommen, die im Modell noch zu bewältigen sind; auch so komme ich in L-Form auf Schenkelmaße von 3,20 x 2,70 m:
Immerhin sind alle Elemente, die für den Betrieb des Hafens notwendig sind, enthalten und durch die Winkelform und die Verlagerung des Lokschuppens konnte die Entfernung zwischen Hafenbahnhof und Hafenbecken verkürzt werden. Mit den Hallen und Fabrikgebäuden als Halbreliefs bekäme die Anlage einen schönen optischen Abschluss nach hinten.
Bevor die Planung mit weiteren Ausstattungsdetails versehen wird (wo ist die Hafenmeisterei, wo sind Laderampen und Kräne, wo verlaufen Straßen?), sollte allerdings erst einmal die Gleisplanung optimiert werden.
Auch wenn der Hafen von einem konkreten Vorbild inspiriert wurde: fürs Modell fände ich es legitim das Szenario zu erweitern, um abwechslungsreicheren Betrieb zu ermöglichen: wäre im Hafenbahnhof ein kleines Wartehäuschen und ein Bahnsteig denkbar, so dass die Beschäftigten im Hafen ihren Arbeitsplatz mit einem Triebwagen erreichen können? Bis zur frühen Epoche III fände ich das ein denkbares Szenario.
Gruß --- Jürgen . . . Mein aktuelles Projekt: Innerstetalbahn, Ep. 2, Spur N
Eine Hafenbahn kann ich auch bieten: Basel Kleinhüningen. Die weit verzweigte Anlage ist zwar ein bisschen gross für die Modelleisenbahn, aber der Vorbildgleisplan bietet eine Fülle von Ideen.
Was gibt es da zu sehen:
Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher.
Hallo Felix,
der Basler-Hafenplan ist natürlich der absolute Klopfer! Den muss man erstmal verdauen ... deshalb dauert die Reaktion auch eine Weile
In der Tat: das auch nur annähernd abzubilden, wäre eine Großanlage, auf der sich Hafen und sonst nichts befindet.
Für mich ergeben sich drei Perspektiven, wenn einen das Hafenthema interessiert:
1. Man sucht sich einen kleinen Werkshafen, der eher wie ein Gleisanschluss organisiert ist. Ein Beispiel, das mir spontan dazu einfällt: Der alte Weserhafen in Rinteln ...
Fotos vom Hafen hier: http://www.moba-trickkiste.de/wie-macht … mp;start=0
2. Man verbannt den Hafenbahnhof ins Off oder ins Schattenreich und bildet nur die Situation unmittelbar am Hafenbecken bzw. an der Kaianlage ab. Diesen Weg habe ich bei meinem Projekt HAFEN HANNOVER gewählt:
Der »richtige« Hafenbahnhof befindet sich in Verlängerung der beiden schräg nach rechts unten laufenden Gleise auf dem Werksgelände des VW-Werks Hannover-Stöcken.
3. Man versucht eine Verdichtung und Komprimierung, wie sie Felix vorschlägt. Aber egal, ob man in die Länge oder um die Ecke geht (wie in meinem Entwurf): für H0 kommen schon gewaltige Dimensionen dabei heraus. Wenn ich Felix' Vorschlag weiterdenke, müsste die Anlagentiefe des rechten Hafenschenkels größer werden … und würde dann mehr als einen Meter betragen. Alternativ könnte man sagen: man bildet kein an drei Seiten begrenztes Hafenbecken ab, sondern nur eine Ecke … und würde damit die notwendige Tiefe gewinnen, um den Bahnhof hinter die Kaianlagen zu legen.
Unter gestalterischen Aspekten fände ich das schade, weil mir das geschlossene Hafenbecken und ein Anlagenabschluss nach hinten mit den Lagerhallen-Halbreliefs hinter dem Bahnhof nicht mehr so richtig glaubwürdig wäre … oder?
Wie auch immer: ich werde bei Gelegenheit mal eine Variante a la Felix zeichnen … wenn mir nicht ein anderer zuvorkommt …
Gruß --- Jürgen . . . Mein aktuelles Projekt: Innerstetalbahn, Ep. 2, Spur N
So, hier ist jetzt die versprochene Hafenvariante – so wie ich die Anregung von Felix verstanden habe:
Es geht zwar der Reiz des Hafenbeckens mit beidseitig angeordneten Gleisen verloren. Aber kompaktere Abmessungen gegenüber der Ursprungsplanung, die weitgehend ohne Verlust an Fahr- und Rangiermöglichkeiten erreicht werden konnten, sprechen für sich: hat die Schenkellänge ursprünglich 3,20 x 2,70 Meter betragen, so ist sie nun auf 2,40 x 1,50 Meter geschrumpft.
Zur Abwechslung ist hier bei der Planung Rocoline-H0-Material verwendet worden.
Auch hier sind Gebäude-Halbreliefs als Anlagenabschluss nach hinten vorgesehen. Durch die leichte Drehung des Hafenbeckens sind die Ladegleise am Kai optisch von der darüber liegenden Ein-/Ausfahrgruppe und der Abstellgruppe separiert und die Planung wirkt lebendiger.
Gruß --- Jürgen . . . Mein aktuelles Projekt: Innerstetalbahn, Ep. 2, Spur N
Ein sehr schöner und zudem kompakter Gleisplan! Gefällt mir ausserordentlich gut! Wir haben hier nicht nur eine "Szene am Wasser", die nur schon deswegen ihren ganz eigenen Charme hat, sondern auch einen ausgewachsenen Rangierbahnhof als Teil der Hafenbahn. Als Erstes habe ich die Gleise mal nummeriert und bezeichnet:
Und so können wir die Hafenbahn betreiben:
- Ein Zug kommt von der Strecke (Gleis 14) im Ein-/Ausfahrgleis (Gleis 4) an. Dann kuppelt die Lok ab und fährt über das kurze Ausziehgleis (53) und das Umfahrgleis (Gleis 3) ins BW (Gleis 22). Die Rangierlok hat im Lokwartegleis (Gleis 25) gewartet. Sie fährt nun über das Streckengleis (14) von hinten an den Zug auf Gleis 4. Anschliessend zieht die Rangierlok die Wagen nach Gleis 14 und stellt sie an die Ladestellen (Gleise 5,6,55,56) zu. Der letzte Wagen, der übrig bleibt, ist der Schlusswagen. Dieser wird im Schlusswagengleis (Gleis 54) abgestellt.
Nachdem die Wagen be- oder entladen sind, werden sie von der Rangierlok wieder eingesammelt und in den Richtungsgleisen (Gleise 1-2) zu einem (oder mehreren) neuen Zügen formiert. Dabei zieht die Rangierlok jeweils auf das Ausziehgleis (Gleis 23) vor. Wenn die Rangierlok fertig ist, zieht sie sich wieder ins Lokwartegleis zurück.
Nun kommt die Streckenlok aus dem BW und fährt via Ausziehgleis an den Zug. Durch ein wenig Zurückstossen kann auch der Schlusswagen angekuppelt werden. Nun ist der neue Zug bereit für seine Reise in die weite Welt. Über das Streckengleis 14 wird der Abzweigebahnhof erreicht (nicht dargestellt), der den Anschluss ans übrige Eisenbahnnetz gewährleistet.
Felix
Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher.
Nun wollen wir mal schauen, wie es die Hafenbahn mit die 10 Gebote des Rangierbahnhofbaus hält:
1 - Du sollst das Streckengleis nicht verderben
Das Streckengleis ist das wichtigste Gleis. Es ist die Arterie der Eisenbahngesellschaft, die Menschen und Fracht ans Ziel transportiert. Wenn die Arterie verstopft wird, gibt es Probleme! Darum sollte das Streckengleis immer frei sein für fahrende Züge.
Uff - schon bei Nummer 1 voll daneben! Um die Wagenschlange von Gleis 4 zu holen oder zu bringen, müssen wir aufs Streckengleis ausziehen. Wir haben Glück: Unser Streckengleis hat nur wenig Verkehr, da ich annehme, dass der Hafenbahnhof als Kopfbahnhof angelegt wird. Falls bei Gleis 53 eine zweite Modulschnittstelle mit Streckengleis anschliessen würde, hätten wir ein Problem!
2 - Du sollst ein Ausziehgleis (Yard Lead) vorsehen
Vom Ziehgleis sind alle anderen Gleise des Bahnhofs direkt erreichbar. Das erleichtert die Arbeit.
Haben wir: Gleis 23.
Na ja - fast. Gleis 54 ist von 23 nicht direkt erreichbar. Wir sollten die Weichenverbindung bei den Gleisen 3+4 umdrehen.
3 - Du sollst das Ausziehgleis nicht verderben
Das Ausziehgleis ist das Reich der Rangierlok. Nichts und niemand darf ihr hier "dreinreden" bzw. hineinfahren, sonst kommen die Rangierarbeiten nicht vom Fleck. Also möglichst allen übrigen Verkehr fernhalten.
Haben wir - abgesehen von der Streckenlok, die ins BW fährt / vom BW kommt. Glück gehabt: In unserem kleinen Bahnhof finden diese Fahrten statt, wenn die Rangierlok eh gerade wartet.
4 - Du sollst die Ein-/Ausfahrgruppe verwenden
Wenn wir das Streckengleis und das Ausziehgleis frei halten sollen - wie sollen wir denn die Züge in den Bahnhof kriegen? - Mit dem Ein-/Ausfahrgleis.
Wir haben bei unserem Bahnhof nur ein Gleis, das wir als Ein-/Ausfahrgleis nutzen können: Gleis 4. Es ist übrigens das längste Gleis des Bahnhofs. Es kann daher die Wagenschlange plus Lok plus Schlusswagen aufnehmen.
Wenn wir die Weichenverbindung zwischen den Gleisen 3+4 umdrehen, wird Gleis 4 noch etwas länger.
5 - Du sollst dem Schlusswagen ein eigenes Gleis geben
Der Schlusswagen braucht ein eigenes Gleis, damit er "aus dem Weg" und dennoch schnell erreichbar ist.
Haben wir: Gleis 54. (Wenn wir die Weichenverbindung zwischen 3+4 umdrehen, ist es Gleis 53.)
6 - Du sollst ein Umfahrgleis vorsehen
Das brauchen wir nicht nur, um die Streckenlok zu "befreien", sondern auch, um den Schlusswagen an den Schluss der auf Gleis 4 stehenden abfahrbereiten Wagenschlange zu bringen. Wenn das kurze Ausziehgleis (53 im Bild oben) lang genug wäre für die Rangierlok UND den Schlusswagen, müssen wir zum Ankuppeln des Schlusswagens die Wagenschlange nicht bewegen - was sicher von Vorteil und auch vorbildlicher wäre.
7 - Du sollst in der Lage sein, alles mit den Händen zu erreichen
Die alte Geschichte: Bei mehr als 80cm Tiefe wird es schwierig, überall hin zu langen. Und es WIRD Entgleisungen geben, auch bei sauberst verlegtem Gleis.
8 - Du sollst Abstellgleise (auxiliary tracks) vorsehen
Dazu gehören die Ladegleise, die ja eigentlich nicht Teil des Rangierbahnhofs sind. Aber auch eine Abstellgruppe für gerade nicht benötigtes Rollmaterial - die "echte" Bahn hat keinen Schattenbahnhof unter der Platte, die muss ihr Zeug im sichtbaren Teil wegstellen.
Eine Abstellgruppe aus zwei oder drei Gleisen, erreichbar von Gleis 25 oder 5, wäre eine tolle Sache.
Auch eine Werkstatt für Schadwagen wäre ein dankbares Objekt: Jede erdenkliche Art von Wagen kann als "schadhaft" erklärt und in dieses Anschlussgleis manövriert, und später wieder abgeholt werden!
9 - Du sollst den Bahnhof nicht überfüllen
Jeder Bahnhof hat eine bestimmte Anzahl Wagen, die er bewältigen kann. Wird dieser Wert überschritten, wird das Arbeiten sehr schnell sehr schwierig.
Eine gute Daumenregel ist, die Anzahl Durchschnittswagen zu ermitteln, die in der Richtgruppe Platz haben. Der Bahnhof ist "voll", wenn er - halb voll ist.
Hmja, unser Rangierbahnhof hat zwei Richtungsgleise. Eins mehr wäre sicherlich wertvoll...
10 - Du sollst es einfach zu bedienen machen
Der schönste und leistungsfähigste Bahnhof nützt nichts, wenn ihn ausser dir niemand bedienen kann. Versetze dich in andere Personen: Was müssen sie wissen, was du schon weisst? - Mache es ihnen so leicht wie möglich. Verwende ein Gleisbildstellpult, welches selbsterklärend beschriftet ist. Tipp: Jedes Element (Gleislinie, Weiche, Schalter) ist beschriftet! Keine unbeschrifteten Schalter! Farben können helfen!
Beispiel für ein Schaltpult:
Felix
Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher.
Hier noch der Plan mit den erwähnten Änderungen eingezeichnet (und einigen mehr):
Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher.
Jetzt könnten ein Lagerhaus mit Ladegleisen und ev. ein Tanklager mit Ladegleisen wertvolle Ergänzungen sein, welche weitere Möglichkeiten für Güterverkehre ergeben würden. Auf die Schnelle sehe ich jedoch nicht, wo die noch hin könnten. Das Lagerhaus sollte in der Nähe des Kais sein, da die Güter ja vom Schiff ins Lagerhaus und dann auf die Bahn umgeschlagen werden.
Lagerhaus mit Ladegleisen zuhinterst, und auf der Kulisse die Schiffe andeuten, die in einem dahinter liegenden weiteren Hafenbecken stehen würden?
Oder hat jemand anders eine Idee?
Felix
Alles sollte so einfach wie möglich sein - aber nicht einfacher.
Hallo Felix,
deine Ergänzungen und Korrekturen sind große Klasse! Da spürt man in jedem Hinweis, das du weißt, wovon du sprichst und die betrieblichen Abläufe wirklich kennst. So entwickelt sich dieser Thread zu einem regelrechten Kompendium in Sachen Hafenbahn.
Ich werde auch einen Link im Bereich "Anlagenplanung: Industrieanlagen" auf diesen Thread setzen, damit das Knowhow nicht irgendwann in den Tiefen des Forums untergeht.
Zur Ausgestaltung im Sinne deines letzten Postings habe ich noch keine Idee, die über deine Impulse hinausgeht.
Ich wollte von diesem Anlagenmotiv auch noch Pläne für kleinere Spuren zeichnen ... da hätten wir bei kompakteren Abmessungen natürlich noch ein paar Möglichkeiten mehr.
Gruß --- Jürgen . . . Mein aktuelles Projekt: Innerstetalbahn, Ep. 2, Spur N